In Zeiten von Corona, Teil 1
2020 begann durchaus vielversprechend. Mit der mir, seit ein paar Monaten neuen, Liebsten verbrachte ich einige Tage in London, bevor der Alltag jedoch in einen Ausnahmezustand überging.
Eine anfänglich als mysteriös bezeichnete Lungenkrankheit in Wuhan schwirrte als Zeitungsmeldung relativ unbeachtet durch österreichische Köpfe, bevor im Jänner im italienischen Bergamo die Menschen begannen wie Fliegen zu sterben. Es sollten schließlich über 100.000 Tote werden. Bilder von Särgen auf Militär-LKWs gingen um die Welt. Die Infektionskrankheit sollte als COVID-19 in die Geschichtsbücher eingehen, der verallgemeinernde Ausdruck Coronavirus zu einem geflügelten Wort werden und die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen verheerend sein.
Ungeachtet dessen war einigen Entscheidungsträgern Après-Ski anfangs offenbar wichtiger als Gesundheitsrisiken, wodurch im März diesen Jahres das Tiroler Dorf Ischgl zu internationaler Bekanntheit als Virenschleuder mutieren konnte.
Am 11. März 2020 schließlich erklärte die WHO den COVID-19-Ausbruch zur weltweiten Pandemie und dann ging es bekanntlich los mit Verhaltensregeln, Schulschließungen, Geschäftsschließungen, Ausgangsbeschränkungen, Mund-Nasen-Schutz und schließlich dem (ersten) Lockdown ab dem 16. März 2020.
Meine mir Liebste, ihres Zeichens Lehrerin, war vom Lockdown voll betroffen und ich wurde anfangs ebenfalls ins Homeoffice verfrachtet. Als logische Konsequenz zog die mir Liebste sodann bei mir ein. Man könnte meinen, daß dies für unsere junge Beziehung durchaus ein Härtetest hätte gewesen sein können. War es jedoch nicht, da sich unser erstes längeres, dauerhaftes und im wahrsten Sinne des Wortes ununterbrochenes Zusammenleben durchaus harmonisch gestaltet hat.

Es war für uns beide klar, daß wir die Angelegenheit ernst nehmen werden. Mit dem Wissen, daß die spanische Grippe mehr Todesopfer gefordert hat als der erste Weltkrieg, war ich der Meinung, daß man sich mit rasch mutierenden Viren nicht zu spielen braucht.
So kam es, daß wir vor den Ausgangsbeschränkungen sowie nach den Lockerungen derselben, den jeweiligen Bestimmungen und Empfehlungen folgend, mit freundlicher Unterstützung der Niederösterreichcard, Wanderführern sowie dem „Naturparke Niederösterreich Wanderpass“ hauptsächlich die niederösterreichische Umgebung erkundeten.
Burgruine Landsee
Die Burgruine Landsee im Burgenland ist Ihres Zeichens eine der größten Mitteleuropas. Ein Pflichtbesuch also für Burgruinenfreunde wie mich und durchaus lohnend.
Glasmuseum Weigelsdorf
Das von Hilde Kuchler gegründete Museum mit Erlebnisfaktor bringt dem Besucher sowohl die Geschichte von Glas an sich, als auch dessen Verarbeitung und Anwendungen näher.
Schloss Esterházy
Es gilt als eines der schönsten Barockschlösser Österreichs und wurde im 17. Jahrhundert quasi um eine Burg aus dem 14. Jahrhundert herumgebaut. Bemerkenswert ist der heute als Haydnsaal bekannte und als Konzertsaal genutze „Große Saal“ mit den üppigen Fresken.
Schloss Mayerling, Kalvarienberg Heiligenkreuz, Helenental
Schloss Mayerling ist der Schauplatz des tragischen erweiterten Suzids von Kronprinz Rudolf, der am 30. Jänner 1889 seine Geliebte Mary Vetsera und anschließend sich selbst erschoß. Im den erweiterten Räumlichkeiten der Kirche „Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel“ ist ein kleines Museum beherbergt, das nebst Waffe auch Sarg, Abschiedsbrief und weitere eher morbide Erinnerungsstücke zeigt.
Danach fuhren wir noch weiter nach Heiligenkreuz zum Grab der Mary Vetsera, die 17-jährig ihr Leben lassen musste. In Heiligenkreuz besuchten wir dann noch den Kalvarienberg mit seinen 37 Statuen, Kapellen und altehrwürdigen Bäumen.
Tierpark Herberstein
Wir lasen, daß im Tierpark Herberstein junge Löwen geboren worden waren. [Anm.: Alte Löwen werden wohl nicht geboren worden sein, lieber Autor!] So fuhren wir kurzentschlossen – da es gerade ging – dorthin um die kleinen Racker zu sehen. Diese zeigten sich, stets schlafend, jetzt nicht unbedingt von ihrer fotogensten Seite aber lieb waren sie allemal.
Schmuckerau
Ein fixer Bestandteil des coronalen Alltags war unser mehrwöchentlicher Spaziergang in der nahegelegenen Schmuckerau um unter anderem den Gänsen Gustav und Auguste, wie wir sie genannt hatten, zu huldigen. Weiters stalkten wir die Libellen, die sich jedoch zumeist, aber nicht immer, erfolgreich der fotografischen Verewigung widersetzten.
Burgruine Rauheneck
Eines dieser idyllischen Plätzchen ganz in der Nähe, die man viel zu selten aufsucht. Die Geschichte dieser Burg geht bis mindestens ins 12. Jahrhundert zurück, ist geprägt durch Zerstörung und Wiederaufbau. Nachdem die Türken 1529 zerstörten, was 1477 die Ungarn übrig gelassen hatten, hat man den Teil mit dem Wiederaufbau bleiben lassen. Die Familie Doblhoff, nach denen der bekannte Doblhoff-Park im nahegelegenen Baden bei Wien benannt ist, erwarben die Ruine und machten sie 1810 für Besucher zugängig. Inzwischen ist die Stadt Baden Eigentümer, die Burg ist gut instand gehalten und zugänglich geblieben.
Wien: Volksgarten, Nationalbibliothek, Minoritenkirche
Ein „Wien-Tag“ führte uns über den Volksgarten durch das Areal der Hofburg in die prächtige Nationalbibliothek. Abgesehen von der atemberaubenden Architektur: was gibt es schöneres als schöne alte Buchrücken?
In der Minoritenkirche ist übrigens eine Kopie des Letzten Abendsmahls von Leonardo da Vinci zu bestaunen. Giacomo Raffaelli bekam von Napoleon Bonaparte den Auftrag dazu und der ursprüngliche Bestimmungsort war das Schloss Belvedere. Da erstens Kaiser Napoleon bei der Fertigstellung des Kunstwerks, es handelt sich übrigens um ein Mosaik, bereits verstorben war und es sich zudem für den ursprünglich geplanten Platz als zu groß erwies, wurde es 1847 in der Minoritenkirche angebracht und kann seither als gar nicht so kleines Gimmick bewundert werden.
Der Garten
Es war natürlich eine große Erleichterung in diesen Zeiten das Glück zu haben, einen Garten sein Eigen nennen zu dürfen. Trotz relativ vieler kleiner Ausflüge war das unser hauptsächliches Betätigungsfeld und liebster Aufenthaltsort. Und, wenn man sich die Zeit nimmt oder, wie in diesem Fall, nehmen muß, kann man einiges entdecken auch wenn unser Garten jetzt (noch nicht) das Blumenparadies ist, das ich gerne hätte.
Geotop Marmorsteinbruch Engelsberg
Das Geotop, also ein „Gebilde der unbelebten Natur, das Einblicke in die Erdgeschichte, einschließlich der Entstehung und Entwicklung des Lebens auf der Erde, vermittelt“, mit dem poetischen Namen Engelsberg hat es mir seit jeher angetan. Immer wieder komme ich bei Wanderungen und Trailläufen daran vorbei und die markante rote Fabe fesselt den Blick. Historisch gesehen hat dieser Steinbruch einige interessante Fakten zu bieten. So wurde er unter Anderem im Wiener Stephansdom verwendet, für den Wiener Neustädter Dom und die Prunkstiege im Kunsthistorischen Museum Wien.
Während der nationalsozialistischen Herrschaft wurde der Marmor sogar für (unfertige) Objekte des Reichsparteitagsgeländes in Nürnberg und, in gebrochener Form, zum Bau von Reichsautobahnbrücken verwendet.
Der Bildhauer Otto Lorenz veranstaltete von 1985 bis 1998 jährlich ein Bildhauersymposium, dessen Relikte in Form behauener Steinblöcke sich bis heute auf dem Areal befinden (nicht jedoch auf den nun folgenden Bildern). Es ist definitiv ein (leider oder zum Glück) recht unbekanntes Kleinod in der näheren Umgebung von Wiener Neustadt.
Zusammenfassend kann man nach der Halbzeit von 2020 sagen, daß wir und unser direktes persönliches Umfeld noch relativ unbeschadet durch den bisherigen Verlauf gekommen sind. Natürlich herrschte viel Unsicherheit und Besorgnis, gerade am Anfang als die unmittelbare Gefährlichkeit noch gar nicht seriös einzuschätzen war. Natürlich kennen wir im näheren oder erweiterten Ver- und Bekanntenkreis Menschen, die an COVID-19 erkrankt waren oder, in Form von Long-Covid, noch immer sind. Zur Reaktion der Politik auf diese Gesundheitskrise möchte ich an dieser Stelle (noch) nichts sagen aber ich möchte in diesen Tagen definitiv kein Entscheidungsträger sein. Zu wenig staatlicher Eingriff kann Menschenleben kosten und zu viel staatlicher Eingriff Existenten zerstören. Wie man auch entscheidet, in gewisser Hinsicht kann es nur falsch sein. Aber, es ist wie immer im Leben: Es gibt ein Für und es gibt ein Wider und es gilt die Balance zu finden zwischen Notwendigkeiten und Entbehrlichkeiten und ich hoffe, mit Skepsis aber dennoch, daß die Politik einen Weg findet mit Maß und Ziel durch diese rauhe Corona-See zu steuern…