Toskana 2021 – Tag 2 – Lucca

Share

Den ersten echten Tag unseres Urlaubs haben wir in Lucca verbracht. Das erste, das man vom historischen Kern der Provinzhauptstadt wahrnimmt, ist die noch immer sehr gut und vollständig erhaltene Stadtmauer, die 1645 fertiggestellt wurde. Auf besagter Mauer wurde von einer Dame mit dem klingenden Namen Maria Luisa von Bourbon-Spanien, der damaligen Herzogin von Lucca, eine Promenade samt Begrünung und Bäumen errichtet. Nun, sicher nicht von Maria Luisa höchstselbst, ich finde die gängige Formulierung immer seltsam; einigen wir uns darauf, dass ML die Auftraggeberin war.
Diese Bauweise ist – mit einer Ausnahme – europaweit einzigartig.

Ich kann wirklich nur empfehlen, auf dieser Promenade zu lustwandeln, die Aussicht auf die historische Stadt mit ihren Türmen und Kirchen und alten Ziegeldächern zu genießen und vielleicht die eine oder andere Eidechse zu erspähen.

Wir besuchten den Palazzo Pfanner mit seinem barocken Garten. Pfanner hört sich jetzt so gar nicht italienisch an und – Überraschung – ist es auch nicht sondern gründet sich aus dem Fakt, daß ein gewisser Felix Pfanner aus Vorarlberg 1845 vom Herzog von Lucca, Carlo Lodovico di Borbone, angeheuert wurde, um für das italienische Volk Bier zu brauen. Grundvernünftiger Mann. Gesagt, getan und schon bald erwarb die Familie Pfanner das Gebäude samt Garten und braute Bier bis 1929. Das Anwesen befindet sich noch immer in Familienbesitz und man kann den Garten und einige Räumlichkeiten besichtigen.

San Michele in Foro ist einer dieser prächtigen italienischen Kirchen toskanischer Gestaltung. Die Frontfassade wirkt von der Seite aus betrachtet völlig überproportioniert, was allerdings darauf zurückzuführen ist, daß – aus welchen Gründen auch immer – das Mittelschiff nicht in der urprünglich geplanten Höhe errichtet wurde.

Geschlechtertürme, die man in italienischen Städten noch recht häufig antreffen kann, eignen sich hervorragend für Witze á la „wer hat den Höchsten“, wurde doch der ursprüngliche Zweck dieser Bauten, nämlich die Verteidigung, im Laufe der Jahre zum Dasein als erektiertes Statussymbol pervertiert. Steinerne Lamborghinis quasi. Jedenfalls empfielt es sich, den Torre Guinigi zu besteigen, gut erkennbar an den darauf wachsenden Steineichen. (Fast hätte ich Steinecheln geschrieben, man möge mir verzeihen.)

Von dort oben wird man mit lohnenswerten Blicken über Lucca belohnt, kann die Dimensionen des Doms sehr gut einschätzen und die umliegenden toskanischen Hügel beäugen.

Im botanischen Garten fanden wir etwas Erholung von der italienischen Sonne, wir beobachten Schildkröten und standen staunend unter einer imposanten Atlas-Zeder, die 1822 gepflanzt wurde.

Magisch wirkt der Ikarus bei Nacht. Das Hybris betitelte Kunstwerk ist im Rahmen der Lucca Biennale Cartasia 2021 ausgestellt, besteht aus Papier und Eisen und verzaubert die Porta dei Borghi.

Außerhalb der Stadtmauer tobt die italienische Verkehrshölle, innerhalb sind es zumindest nicht die Kraftfahrzeuge, die Wirbel veranstalten. Der Tag verging viel zu schnell und wir kehrten der Stadt den Rücken zu und fuhren zurück zum Basislager.