KZ Ebensee 21.05.2023

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Da es auf dem Heimweg lag, wollte ich nach einem wunderbaren Familienausflug noch etwas gegen das Vergessen tun. So fuhren wir nach Ebensee in Oberösterreich, wo ein Außenlager des KZ Mauthausen, idyllisch oberhalb des Traunsees gelegen, zu finden ist. Zumindest das, das noch übrig ist.

Es ist nämlich eine Schande einerseits, daß nach der Befreiung des KZ Ebensee am 6. Mai 1945 und nach dem Ende des zweiten Weltkriegs das Areal mit einer Einfamilienhaussiedlung überbaut wurde. Es ist bezeichnend andererseits, daß das Areal mit einer Einfamilienhaussiedlung überbaut wurde, denn das Verdrängen der Tatsachen, daß man sich – wenn schon nicht aktiv so doch passiv – an dem wohl größten Verbrechen der Menschheitsgeschichte beteiligt hat durch zumindest Duldung… es schaudert mich. Ich weiß nicht, wie es damals war. Ich weiß nicht, wer die Menschen sind oder waren oder wie genau es dazu kam, aber ich weiß, daß ich mein Häuschen an einer Stelle ganz sicher nicht errichten würde wollen: an einem Ort, an dem zumindest 8.745 Häftlinge ihr leben ließen.

Es sollte fast ein halbes Jahrhundert vergehen, bis 1990 eine Gedenkstätte errichtet wurde. Zwar wurde bereits 1947 ein Denkmal errichtet, das jedoch privat von Hilda Lepetit, deren Mann im Lager umgebracht wurde, finanziert wurde. 1950 wurde der so genannte KZ-Friedhof angelegt, der das Denkmal miteinbezog. Dann wurde es still in und um Ebensee. War man der Meinung, man hätte genug getan?

Und so wirkt der Torbogen des ehemaligen Lagereingangs, der die Aufeldstraße in Breite wie Höhe beschränkt, wie ein störendes Relikt auf das man gnadenhalber ein Schild geschraubt hat damit a Ruh is‘.

Über eine kleine Straße im Wald, vorbei an einigen Überresten wie Fundamenten und Kellern, gelangte ich zum Eingang des Stollens. Davor saß auf einem kleinen Klappstuhl ein junger Mann. An dieser Stelle nochmals mein Dank für diese Tätigkeit!

Das Nebenlager Ebenesee wurde auf Befehl Hitlers erbaut um eine neue Produktionsstätte für die V2-Raketen zu schaffen, nachdem die britische Luftwaffe die bisherigen Fabriken zerstört hatte. So sollten die Häftlinge riesige Stollen bis zu 250 Meter weit in den Berg hauen. Bekanntlich war die Produktion der V2 nicht von Erfolg gekrönt, so entschied sich die nationalsozialistische Führung, daß die Stollen zur Produktion von Panzerbauteilen und als Raffinerie genutzt werden sollte.

Die Häftlinge wurden gegen Ende des Krieges auch dazu eingesetzt, den am 21. April 1945 zerstörten Bahnhof Attnang-Puchheim wiederaufzubauen, was Todeskolonne genannt wurde und täglich, teils per Viehwagen, teils zu Fuß, durchgeführt wurde.

Das Ende der NS-Herrschaft nahte, einen Tag vor der Befreiung durch die US-Armee versuchte der damalige Lagerkommandant die Häftlinge in den Stollen zu treiben um sie dort allesamt (18.437) zu ermorden. Das Vorhaben scheiterte an dem Widerstand, den die Häftlinge trotz ihres Zustandes noch leisten konnten. Es mag zudem nicht verwundern, daß im Zuge der Befreiung (ehemalige) Häftlinge einen KZ-Wärter lebendig im Krematorium verbrannt haben…

Nach dem Besuch des Stollens an sich bin ich den so genannten Löwengang nachgegangen, der eingezäunte Korridor, den die Häftlinge tagtäglich vom Lager zum Stollen zurücklegen mußten. Viel ist davon nicht mehr über, aber immerhin beschildert und somit auffindbar. Kaum vorstellbar, dies im Winter bei Kälte und Schnee, teils ohne Schuhe, völlig unterernährt mit einer Tagesration von 709 Kalorien zu bewältigen…

Zum Abschluß noch der Besuch des Friedhofs samt Denkmal.