Malta 2025 – Tag 3 bis Abreise
Am Vormittag des dritten Tages fand der 40. Malta Marathon statt, der Bericht dazu ist hier zu finden. Danach war ich zuallererst duschen und dann war ich der Ansicht, daß 15:00 – trotz 42,2 Kilometer plus Busstationssuchodyssee in den Beinen und 3065 kcal weniger im Körper – zu früh ist um schlafen zu gehen. Also durchforstete ich Google Maps nach Sehenswürdigkeiten in der Nähe, die ich noch nicht besucht hatte. Leider wurde ich nicht fündig und so wackelte ich mit müden Gliedmaßen erstmal durch Rabat.

Irgendwo zwischen oben abgebildeter Kollegiatkirche St. Paul und einer Pizzaschnitte von Pie Master Pastizzeria fasste ich den Entschluß, mir die Victoria Lines ansehen zu wollen. Im Sommer vorletzten Jahres war das eine ergebnislose Verirrung sondergleichen inklusive einem tätlichen Angriff eines Kaktus auf meine mir Liebste. Heuer war ich besser vorbereitet und kannte auch die Buslinie, welche die Station meiner Begierde anfuhr.
Die Problematik lässt sich wie folgt zusammenfassen: Der Bus kam nicht. Er sollte alle zwei Stunden verkehren, kam jedoch nicht. In meiner unendlichen Sturheit erweiterte ich zuvor gefassten Beschluß um das Vorhaben, einfach zu Fuß zu gehen. Das waren dann nochmals ca. 4 Kilometer hin und 4 Kilometer wieder zurück. Das führte dann dazu, daß ich den heutigen Marathontag zu einem inoffiziellen Ultramarathon gemacht habe.
Eigentlich ist diese beschwerliche Nicht-Anreise ein Wahnsinn, zählt doch der über 10 Kilometer lange Verteidigungswall seit 1998 zum UNESCO-Weltkulturerbe. Eigentlich müsste man sogar meinen, daß man die Victoria-Lines gar nicht verfehlen kann, erstrecken sie sich doch von der West- bis zur Ostküste Maltas. Im Jahre 1897 wurde der Bau der Anlage vollendet, jedoch wurde sie weder wirklich genutzt noch war sie jemals von Bedeutung. 20 Jahre später begann der Verfall und so geriet das Bollwerk in Vergessenheit. Es gibt noch ein paar gut erhaltene Abschnitte, so wie dieser hier:

Direkt neben der Straße, über die ich mich zum Startpunkt des Victoria Lines Heritage Trails schleppte, befinden sich „prähistorische Schleifspuren“, in Englisch cart ruts genannt. Bis heute ist ungeklärt wie diese Einkerbungen, die sich über 150 Mal auf Malta finden und teilweise über hunderte Meter Länge (bis ins Meer hinen) verfolgen lassen können, entstanden sind. Einig, zumindest derzeit, ist sich die Wissenschaft, daß sich diese höchstwahrscheinlich menschengemachten Spuren in die Bronzezeit (2300–1000 v. Chr.) datieren lassen.

Nach meiner Rückkehr ins Hotel und einem leider furchtbar ungesundem Abendessen in Form eines Beefburgers war ich dann endgültig bereit und willig, mich dem Schlaf zu widmen.
Am vierten Tag meines Aufenthalts stand der kulturelle Höhepunkt auf dem Programm: ein Besuch des Hypogäums von Ħal-Saflieni. Aus konservatorischen Gründen sind die Besucherzahlen streng limitiert und ich hatte den Besuch bereits im November des Vorjahres gebucht. Es sind nur geführte Kleingruppen zugelassen, eine selbstständige Besichtigung ist nicht möglich. Weiters ist auch das Fotografieren sowie überhaupt das Mitführen von Fotokameras inklusive Mobiltelefonen nicht gestattet. Dieser Umstand ist durchaus bedauerlich, denn die Anlage ist beeindruckend und gerne hätte ich ein paar Bilder für mich selbst gemacht.

Hypogäum bedeutet zuallererst „unter der Erde liegend“ und bezeichnet in konkreterem Sinne Begräbnisstätten heidnischer Gestalt. 1899 wurde bei dem Bau einer Regenwasserzisterne eine unterirdische Kammer entdeckt und somit auch in weiterer Folge das Hypogäum. Habe ich bereits erwähnt, daß diese über 500 m² große, sich über drei Ebenen erstreckende und in ihren Ursprüngen fast 6.000 Jahre alte Anlage beeindruckend ist? Nicht nur das schiere Ausmaß, sondern auch die Kunstfertigkeit, mit der ganze Fassaden aus dem Sandstein gehauen wurden, hat mich staunend und ehrfurchtsvoll zurückgelassen. Hinzu kommt die Vorstellung, daß zum Zeitpunkt der Entdeckung die sterblichen Überreste von rund 7.000 Menschen in all den Kammern geschichtet waren.
Eine Führung mit inkludiertem Audioguide dauert rund eine Stunde und ist mit einem Eintrittsgeld von derzeit 35 Euro eher hochpreisig. Es lohnt sich für Interessierte jedoch allemal und es ist aufgrund der strengen Beschränkung der Besucherzahlen jedenfalls erforderlich, das Ticket bereits (lange) vor Reiseantritt zu buchen.
Danach machte ich mich auf zu den „Three Cities“ genannten Städte Bormla, Birgu und L’Isla, die Valletta gegenüber liegen. Der etwa 3,5 Kilometer lange Hinweg führte mich durch das mir bereits bekannte Ħal Tarxien. In Paola kam ich bei den so genannten One Line Houses vorberei, die in der Cospicua Road zu finden sind und ein sehr schönes Beispiel maltesischer Erker-Architektur darstellen.

In Bormla, auch Cospicua genannt, findet man unter Anderem das Denkmal für Kriegsopfer, das direkt in der Treppenanlage zu finden ist, die zu der Kirche der unbefleckten Empfängnis führt. Eine durchaus gelungene Symbolik, die Michael Camilleri Cauchi im Jahr 1994 hier schuf.
Ich schlenderte die Birgu Waterfront entlang, vorbei am Malta at War Museum, dem Freedom Day Monument vor der St. Lawrence’s Catholic Church und endete dann am Ende der Landzunge beim Fort St. Angelo. Zuerst zog es mich am Bollwerk vorbei, ganz ans Ende des Hafens, zu einem wunderbaren Blick auf Valletta.
Da mein eigentliches Ziel, der Inquisitorenpalast, geschlossen war, ging ich hinein in das historische Gemäuer. Man kann das weitläufige Bauwerk, welches nach einer wechselhaften Geschichte zuletzt 2015 restauriert wurde, ergehen und in etlichen Räumlichkeiten wird die Geschichte des Forts, der Malteser und Maltas erzählt. Nun, es ist ein bis in die 1970er Jahre militärisch genutzter Komplex und dem entsprechend schlicht und massiv. Da ich bereits das Fort St. Elmo in Valletta besucht hatte, hielt dieses Fort, auch wenn es nichts Negatives zu erwähnen gibt, für mich keine Neuigkeiten bereit. Empfehlenswert ist ein Besuch dennoch, es gibt tolle Ausblicke auf die Three Cities und Valletta sowie Toiletten.
Alten Befestigungsmauern folgend, an der Post of Castile und der St. James Bastion vorbei, ging ich noch bis zum Hafen von Kalkara. Dort ließ ich es am späteren Nachmittag gut sein und nahm den nächsten Bus zurück ins Hotel. In dem Hotel angeschlossenen chinesischen Restaurant „East Asian Cuisine“, wo man als Hotelgast nicht nur Prozente bekommt sondern außerhalb der Saison auch der einzige Gast sein kann, füllte ich meinen hungrigen Magen mit glutamatgetränkten Speisen.

Ich bin immer etwas nevös, wenn ich in einem fremden Land zum Flughafen muß. Es gibt so viele Dinge, die schief gehen können und das Flugzeug fliegt auch ohne mich. Daher war ich ob des angedachten Zeitplans etwas unruhig: Frühstück gab es erst ab 8:00, der Flug ging um 11:00, der Bus kommt dann wann er kommt. Schlußendlich war das jedoch die perfekteste Abreise, die ich vermutlich jemals hatte, auch wenn mein Streßpegel hoch war: ich verpasste nach einem so genannten „Club Sandwich“ den pünklich fahrenden Bus Nummer X3 und ergatterte aber einen Platz im zu spät fahrenden Bus Nummer TD1, der jedoch der Flughafenbus war und somit ohne weitere Zwischenstopps bis direkt vor das Terminal fuhr.
Nach 5 Minuten war ich ohne Wartezeit durch die Sicherheitskontrolle. Danach hatte ich ca. 45 Minuten Zeit bis zum Boarding und auch mein Sitzplatz war mit Reihe 4 und Fensterplatz sowie leerem Zwischensitz absolut perfekt. Meine etwas entferntere Sitznachbarin, die frappante Ähnlichkeit mit Zofia Kaczyński aus Two Broke Girls aufwies, bot mir einen Keks an.

Während ich aus dem Fenster blickte und Malta sehr schnell sehr klein wurde und dann verschwunden war, dachte ich mir: das war mein vermutlich letzter Besuch. Nach dem Urlaub 2023 hat mir irgendwie der neue Blickwinkel gefehlt, der Malta damals so besonders gemacht hat. Das Hypogäum war absolut sehenswert, aber insgesamt habe ich diesmal keine neuen Eindrücke gewinnen können. Auch der Marathon hat mich von der Strecke oder der Landschaft oder der Begeisterung her nich nachhaltig beeindrucken können. Es war eine schöne Reise und eine wunderbare Erfahrung, keine Frage, und Malta an sich kann ich jederzeit empfehlen, aber für ich dieses Kapitel, so glaube ich, für die absehbare Zukunft abgeschlossen.
